Profi im Pilzreich – Interview mit Pilzexperte Harald Lutz
Harald Lutz vom Naturschutzbund (NABU) in Worfelden ist Pilzexperte. Er bietet Pilzführungen und Schulungen an und berät als "geprüfter Sachverständiger" Pilzsammlerinnen und Pilzsammler. Im Interview verrät er, wie er Pilzberater geworden ist und worauf er beim Bestimmen von Pilzen besonders achtet.
ÖkoLeo: Herr Lutz, wie viele Pilzarten wachsen bei uns?
Harald Lutz: Etwa 10.000. Davon sind aber nur 120 bis 150 Arten essbar.
ÖkoLeo: Und der große Rest?
Harald Lutz: Der ist ungenießbar. Das bedeutet, die schmecken einfach nicht oder sind zäh. Viele sind mikroskopisch klein. Die meisten Pilzarten sind gar nicht giftig, sondern einfach nicht zum Essen geeignet. So wie Bananenschalen; die würde man ja auch nicht essen.
ÖkoLeo: Und wie viele Pilze können Sie sicher bestimmen?
Harald Lutz: Vielleicht etwas mehr als 120 Arten. Die kann ich nach Augenschein und ohne Mikroskop sicher bestimmen.
ÖkoLeo: Was müssen Sie alles berücksichtigen, um einen Pilz sicher bestimmen zu können?
Harald Lutz: Bei manchen Pilzen ist das ganz einfach: Roter Hut mit weißen Punkten – das ist ein Fliegenpilz. Aber es gibt auch Pilzarten, die sich sehr ähnlich sehen. Da wird es schon schwieriger. Wenn ich zum Beispiel den Wiesenchampignon von seinem giftigen Doppelgänger, dem Karbol-Champignon, unterscheiden will, dann muss ich unter den Hut gucken, muss mir den Stiel genau anschauen, Verfärbungen suchen und vor allem daran riechen.
ÖkoLeo: …und auch den Fundort betrachten?
Harald Lutz: Ja, genau, der ist auch wichtig. Aber die Doppelgänger haben häufig dieselben Vorlieben wie das leckere Original. Der Wiesenchampignon steht gerne auf gedüngten Wiesen. Da steht der Karbol-Champignon aber manchmal direkt daneben. Aber wenn ich alle Merkmale berücksichtige, kann ich die beiden unterscheiden.
ÖkoLeo: Sie sagen, Sie können 120 Arten sicher bestimmen. Dafür muss man ja eine Menge wissen. Wie haben Sie sich dieses Wissen angeeignet?
Harald Lutz: Ich interessiere mich seit meinem neunten Lebensjahr für Pilze. Damals habe ich mir die ersten Pilzbücher schenken lassen und habe angefangen, Pilze zu sammeln. So habe ich im Laufe meines Lebens immer mehr gelernt.
ÖkoLeo: Und wie wird man “geprüfter Sachverständiger” für Pilze?
Harald Lutz: Dafür habe ich Lehrgänge in der Pilzschule besucht und am Ende eine Beraterprüfung gemacht. Bei der Prüfung muss man viele Fragen beantworten, aber auch ganz viele verschiedene Pilze bestimmen. Die haben Leute überall in Deutschland gesammelt und die bekommt man dann vorgelegt. Da wird sozusagen eine Pilzberatung nachgespielt.
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ÖkoLeo: Wie könnte ich jetzt Ihre Dienste als Pilzberater in Anspruch nehmen?
Harald Lutz: Wir würden einen Termin machen und wenn Sie dann Pilze gesammelt haben, zeigen Sie mir Ihren Korb.
ÖkoLeo: Was machen Sie, wenn in meinem Korb ein Pilz ist, den Sie nicht eindeutig bestimmen können? Sie kennen ja den Fundort nicht genau und der Pilz hat vielleicht auch schon seinen Geruch verloren…
Harald Lutz: Richtig, das alles ist wichtig. In dem Fall kann ich einen Pilz nicht mehr sicher bestimmen. Das heißt aber auch: Wenn ich das nicht kann, dann gebe ich ihn auch nicht zum Essen frei – selbst wenn ich einigermaßen sicher bin, um welchen Pilz es sich handelt. Pilze sind einfach unglaublich variabel. Pilze derselben Art können ganz unterschiedlich aussehen – je nachdem, wie der Boden beschaffen ist, in welcher Umgebung sie wachsen oder ob es viel oder wenig geregnet hat.
ÖkoLeo: Wäre das dann die erste Goldene Regel für das Pilzesammeln – nichts mitnehmen, was man nicht eindeutig bestimmen kann?
Harald Lutz: Ganz genau. Das ist das Allerwichtigste.
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