26. August 2021 Einkaufen & Leben

Interview: Gemeinsam Lebensmittel produzieren

Frische Lebensmittel kauft man im Supermarkt? Es geht auch anders, zum Beispiel in der "SoLaWi", der solidarischen Landwirtschaft.

Normalerweise bauen Gärtnereien und Bauernhöfe Lebensmittel an und verkaufen sie dann, zum Beispiel an Supermärkte. Ganz anders bei der solidarischen Landwirtschaft, kurz SoLaWi. Dabei unterstützen Verbraucherinnen und Verbraucher die Höfe direkt und teilen sich dann die Ernte. Wie das funktioniert und warum die SoLaWi gut für die Umwelt ist, verrät Christine Rüther. Sie ist 42 Jahre alt und arbeitet seit zwölf Jahren in der Gärtnerei Rote Rübe in Niederkaufungen bei Kassel.

ÖkoLeo: Was ist das Besondere an Ihrer Gärtnerei?

Christine Rüther: Die Rote Rübe ist eine kleine Gärtnerei, die auf einer Fläche von ungefähr zwei Hektar Gemüse anbaut. Das sind zwanzigtausend Quadratmeter. Die Rote Rübe betreibt seit 2011 zusammen mit einer anderen Gärtnerei eine solidarische Landwirtschaft.

ÖkoLeo: Was ist eine solidarische Landwirtschaft?

Christine Rüther: Das heißt, dass sich die Bäuerinnen und Bauern direkt mit den Menschen zusammenschließen, die die Produkte essen. Der Gemüseanbau wird von den Mitgliedern der SoLaWi bezahlt. Das bedeutet, dass das Saatgut, der Dünger und der Diesel für den Traktor, die Löhne der Gärtnerinnen und Gärtner und so weiter von den Mitgliedern finanziert werden. Im Gegenzug erhalten die Mitglieder die gesamte Ernte, die unter allen aufgeteilt wird.

Wichtig für eine SoLaWi ist, dass die Gesamtkosten der Gemüseproduktion mit den Beiträgen der Mitglieder bezahlt werden können.

So stellen die Mitglieder einer SoLaWi sicher, dass die Gärtnerinnen und Gärtner immer einen festen, fairen Lohn bekommen, unabhängig vom Wetter. Wenn also wegen schlechten Wetters die Ernte gering ausfällt, bekommen sie dennoch ihr Gehalt. Wenn jedoch unter günstigen Bedingungen mehr geerntet wird, haben alle Mitglieder mehr Gemüse. Die Landwirte und Landwirtinnen erhalten dann aber nicht automatisch mehr Lohn.

ÖkoLeo: Welche Lebensmittel bekommt man bei Ihnen?

Christine Rüther: Wir produzieren Gemüse von A bis Z, also von Auberginen bis Zucchini. Das sind zum einen Gemüsesorten, die in einem Folientunnel wachsen zum Beispiel Tomaten, Paprika, Auberginen, Basilikum und andere Kräuter. Dann gibt es noch Gewächse aus dem Freiland wie Salate, Kartoffeln und verschiedene Kohlarten. Wir ernten Weißkohl, Rotkohl, Spitzkohl, Rosenkohl und Blumenkohl.

ÖkoLeo: Das ist ja eine ganz schön große Auswahl. Könnte man die Lebensmittel aber nicht einfach auch im Supermarkt kaufen?

Christine Rüther: Man kann sie natürlich auch im Supermarkt kaufen. Aber dann weiß man natürlich nicht, wie diese Lebensmittel hergestellt worden sind. Und man kennt auch nicht den Erzeuger oder die Erzeugerin persönlich.

ÖkoLeo: Warum ist es wichtig, den Erzeuger oder die Erzeugerin meiner Lebensmittel zu kennen?

Christine Rüther: Weil man dadurch einen Bezug zu den Lebensmitteln bekommt. Also man weiß, wie viele Arbeitsschritte notwendig sind, damit aus so einem kleinen Saatkorn eine Möhre, eine Tomate oder ein Salatkopf wird.

Und unsere Mitglieder wissen, wie frisch das Gemüse ist, dass sie es am selben Tag der Ernte auch essen können. Und dass es einen kurzen Transportweg hinter sich hat, weil es aus der Region kommt und dabei kein Verpackungsmüll entsteht. Auf diese Weise können die Mitglieder das Gemüse mehr wertschätzen.

ÖkoLeo: Was hat eine regionale und saisonale Ernährung mit der Umwelt zu tun?

Christine Rüther: Beim Transportweg vieler Lebensmittel entsteht CO2, das in die Atmosphäre gelangt und dort das Klima schädigt. Bei einer regionalen und saisonalen Ernährung werden lange Transportwege vermieden.

Klimaschädliche Gase entstehen zum Beispiel auch, wenn Gewächshäuser im Winter mit Heizöl geheizt werden. Auf diese Weise kann zwar auch im Winter Kopfsalat angebaut werden, allerdings verbraucht die Produktion sehr viel Energie.

In einer regionalen und saisonalen Ernährung würde man stattdessen zu Rote Beete oder Möhren greifen, das schmeckt ja genauso gut.

ÖkoLeo: Also wird in einer SoLaWi auch das Klima geschützt.

Christine Rüther: Genau. Wir liefern unser Gemüse auch in einem elektrisch angetriebenen LKW an die Abholstellen. Das spart zusätzlich Treibstoff und CO2.

Hier im Kasseler Stadtgebiet und in den umliegenden Gemeinden gibt es insgesamt 17 unterschiedliche Abholstellen. Das sind meistens Kellerräume oder Garagen, die von den Mitgliedern zur Verfügung gestellt werden. Dort kann man das Gemüse dann abholen.

ÖkoLeo: Was muss ich tun, wenn ich bei einer SoLaWi mitmachen will?

Christine Rüther: Für die Mitgliedschaft im Verein muss es gerade einen freien Gemüseanteil geben. Es kommt immer wieder vor, dass Plätze frei werden, zum Beispiel, weil Mitglieder wegziehen.

Ist man dann Mitglied im Verein, bekommt man wöchentlich Gemüse. Dafür zahlt man einen monatlichen Beitrag. Allerdings zahlen nicht alle Mitglieder denselben Beitrag. Wer mehr verdient, kann auch mehr als den Durchschnittsbeitrag zahlen. Menschen mit weniger Einkommen, können weniger Beitrag zahlen.

Urheberrecht: Du darfst die Inhalte von ÖkoLeo kostenlos nutzen.

Du darfst Texte und Bilder auch kopieren und für deine eigenen Zwecke verwenden. Es ist aber nicht erlaubt, damit Geld zu verdienen. Wenn du Inhalte von ÖkoLeo anderswo veröffentlichen willst, zum Beispiel auf der Internetseite deiner Schule, beachte bitte einige Regeln. Du findest sie im Impressum.