18. Juli 2016 Landschaften & Ökosysteme

Paddeln: unterwegs auf Hessens Flüssen

Eine besonders schöne Art, in der Natur unterwegs zu sein, ist das Paddeln im Kanu. Viele Flüsse in Hessen eignen sich besonders für Anfängertouren und für Familien. Abwechslungsreiche Landschaften, handbetriebene Schleusen und viele Ausflugsziele rechts und links der Ufer machen einen Tag auf dem Fluss zu etwas Besonderem. Damit man Pflanzen und Tiere nicht stört, sind aber auch einige Regeln zu beachten. Darüber sprach ÖkoLeo mit dem ehemaligen Sportlehrer Willi Nitsche, der vielen Schülerinnen und Schülern das Paddeln beigebracht hat.

Wenn du paddelnd auf dem Fluss dahingleitest, kannst du tolle Naturbeobachtungen machen. Im Kanu bist du der Wasseroberfläche ganz nah und kannst Wasserpflanzen und Fische sehen. Du siehst auch das Flussufer aus einer ungewohnten Perspektive. Wer sich vorsichtig und ruhig verhält, kann dort zum Beispiel Wasservögel entdecken.Kanu ist der Oberbegriff für zwei verschiedene Bootsarten: Kajak und Kanadier.

Frau in einem Kajak auf einem See.
Kajaks sind oben geschlossen, man sitzt mit leicht angewinkelten, gespreizten Beinen im Boot und fährt mit Doppelpaddel. (Bild: vastateparksstaff/ flickr.com/ CC BY 2.0)
Zwei Menschen in einem Kanadier auf einem See.
Kanadier sind oben offen und man sitzt oder kniet im Boot, gepaddelt wird mit einem Stechpaddel. (Bild: de:Benutzer:Highway/ commons.wikimedia.org/ CC BY-SA 3.0)

Wer in ein Kanu steigt, sollte auf jeden Fall schwimmen können! Ein guter Kanuverleih wird darauf bestehen, dass ihr dennoch auch Schwimmwesten mitnehmt. Außerdem solltest du bei einer Kanutour auf jeden Fall an Sonnenschutz und eine Kopfbedeckung denken. Paddeln bietet nicht nur Naturerlebnisse, es ist auch Sport: So gemütlich es aussieht, nach einer drei- oder vierstündigen Tour merkt man in den Armen, was man geleistet hat und fühlt sich angenehm erschöpft.

Wo lässt es sich gut paddeln?

In Hessen gibt es vor allem in Nord- und Mittelhessen einige Flüsse, die sich wunderbar für Kanutouren eignen. Eder, Diemel, Werra, Fulda, Weser und Lahn bieten sich für ein- oder mehrtägige Touren an, auch für ungeübte Paddlerinnen und Paddler. Zwei Touren-Tipps gibt es weiter unten auf dieser Seite.

Es gibt entlang der Flüsse viele Kanuverleihe, die Boote und die nötige Ausrüstung vermieten. Zur Ausrüstung gehören neben den Paddeln Schwimmwesten, bei Kajaks eventuell eine Spritzdecke und wasserdichte Tonnen oder Packsäcke. In denen kann man sein Gepäck so verstauen, dass es trocken bleibt und nicht versinken kann. Denn Kentern ist auch auf ruhigen Flüssen möglich! Die Kanuverleiher bieten auch Einführungen in die grundlegenden Techniken des Paddelns an. Wer seine Fähigkeiten vertiefen möchte, kann an Anfängerkursen von Kanuvereinen teilnehmen. Auch manche Schulen bieten Kanufahren als Schulsport oder AG an.

Rücksicht auf Tiere und Pflanzen

Kanuten – so nennen sich die Kanusportlerinnen und -sportler – wissen, wie kostbar die Natur ist. Es ist ihnen wichtig, dass sich alle auf dem Fluss an Regeln halten, um Tiere und Pflanzen nicht zu schädigen oder zu stören. "Man sollte sich möglichst leise und rücksichtsvoll in der Natur verhalten und ausreichenden Abstand zu Wasser- und Uferpflanzen sowie zu Tieren halten", sagt der ehemalige Sportlehrer Willi Nitsche. "Damit schützt man nicht nur die Natur, sondern unter Umständen auch sich selbst. So mancher Kanute kann von unangenehmen Begegnungen mit Schwänen berichten."

"Festhalten an Bäumen oder Sträuchern, die vom Ufer auf das Wasser ragen, ist auch keine gute Idee. Das führt leicht zum Kentern", sagt Willi Nitsche. Es gibt noch mehr Regeln: Schilf- und Röhrichtzonen am Ufer und Inseln im Fluss sind besondere Lebensräume und dürfen nicht betreten werden, denn verschiedene Tiere rasten und brüten dort. In sogenannte Nebengewässer wie einmündende Bäche darf man nicht einfahren.

Man sollte zudem nur bei ausreichendem Wasserstand von mindestens 30 cm Kanutouren machen. Und du solltest nur auf Flüssen paddeln, die mindestens 5m breit sind. "In den Wintermonaten Oktober bis März darf man auf manchen Flüssen nicht paddeln und nach 20 Uhr ist im Sommer Schluss – denn auch die Natur braucht eine Erholungsphase", sagt Willi Nitsche. Auf den Seiten des Deutschen Kanuverbands findest du weitere Verhaltensregeln für naturbewusstes Paddeln.

Für manche Flüsse gibt es Beschränkungen für Kanufahrer - zum Beispiel in Naturschutzgebieten. Auf manchen Abschnitten der Diemel darf nur eine bestimmte Anzahl von Booten täglich fahren. Bestimmte Flussabschnitte der Eder und der Nidda sind gesperrt. Man sollte sich vorher bei den örtlichen Kanu-Verleihern erkundigen, ob der Wasserstand ausreichend ist und ob die erlaubte Zahl von Booten am gewünschten Tag bereits erreicht ist. Im Internet kann man sich zum Beispiel hier über die Regeln und Einschränkungen bei nordhessischen Flüssen informieren.

Umweltschonend unterwegs

Der Kanuverband bittet Paddler, möglichst umweltschonend anzureisen, also zum Beispiel Fahrgemeinschaften zu bilden oder öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Auch Willi Nitsche hat Tipps für umweltschonendes Reisen: "Man sollte nur markierte Ein- und Ausstiegsstellen und Lagerplätze nutzen, um die Fahrt zu beginnen, Rast zu machen oder die Fahrt zu beenden, und nicht unberührte Natur stören. Es gibt auch spezielle Zeltplätze für Kanuten und andere Wassersportler. Außerdem sollte man weder auf dem Fluss noch am Rastplatz am Ufer Abfälle hinterlassen, sondern alles mitnehmen, falls kein Abfallbehälter vor Ort ist", so Willi Nitsche. "Und wenn einem Umweltverschmutzungen wie stinkende Schmutzwassereinleitungen, Ölfilme oder wilde Müllkippen in der Nähe von Gewässern auffallen, sollte man diese den Umweltbehörden vor Ort oder dem Deutschen Kanuverband melden."

Rücksicht nehmen: gemeinsam auf und am Fluss

Auf die Frage, ob es traditionelle Konflikte von Kanuten mit anderen Gruppen gibt, antwortet Willi Nitsche: "Eigentlich sind die Kanuten ein friedliches und freundliches Völkchen. Naja, Angler und Kanuten kommen sich ab und zu mal in die Quere. Das kann man aber ganz einfach vermeiden, indem man den Angler und seine Angel weiträumig umfährt und ihm ein freundliches ‚Petri heil!‘ zuruft." Auch mit Behörden haben Kanuvereine oder -verbände manchmal Konflikte, zum Beispiel, wenn Flussabschnitte oder ganze Flüsse für den Bootsverkehr gesperrt werden sollen, um die Natur zu schützen. Bei der Nidda in Südhessen ist es zum Beispiel so, dass sie seit 2015 auf zwei Abschnitten für Paddler gesperrt ist, um den Tieren und Pflanzen dort absolute Ruhe zu ermöglichen. Einige Vertreter des Kanusports setzen sich nun dafür ein, dass eine naturverträgliche Nutzung wieder möglich wird.

ÖkoLeo Tipps für schöne Kanutouren in Hessen:

Märchenhaft: Die Diemel

Die Diemel, ein Fluß bei Warburg.
Die Diemel bei Warburg. (Bild: Tuxyso/ Wikimedia Commons/ CC BY-SA 3.0)

Die Diemel eignet sich sehr gut für Paddeltouren, auch für Anfänger und Familien. Die Strömung ist zum Beispiel bei dem Ort Stammen nicht sehr stark, so dass man erstmal in Ruhe üben kann. Nach dem Wehr in Trendelburg wird es dann ein bisschen flotter und kurviger. Vom Turm der Trendelburg soll übrigens Rapunzel ihr Haar herabgelassen haben! Vor dem Ort Wülmersen wird es dann wieder ruhiger. Dort kann man das Wasserschloss besuchen, bevor man an malerischen Hängen und Schluchten vorbeikommt und das Tal Helmarshausen erreicht. Für die 14 Kilometer braucht man etwa 3,5 Stunden Paddelzeit. An der Diemel gibt es mehrere Campingplätze und in Stammen sogar ein Strohhotel, in dem man auf Stroh gebettet übernachten kann. Die Diemel ist ein Landschaftsschutzgebiet. Man muss sich auf jeden Fall vor der Tour bei einem Kanuverleiher anmelden, weil nur eine bestimmte Zahl von Booten täglich auf der Diemel fahren darf.

Weitere Infos zur Diemel:

Internetseite des Regierungspräsidiums Kassel mit Informationen zu Sport und Naturschutz auf der Diemel

Tourismus-Gesellschaft des Landes Hessen: Paddel-Touren auf der Diemel

Abenteuerlich: Die Lahn

Mit dem Kanu auf der Lahn.
Mit dem Kanu auf der Lahn. (Bild: spinheike/ pixabay.com/ Public Domain)

Die Lahn ist bei Paddlern ein sehr beliebter Fluss. Viel Spaß machen die Bootsrutschen auf dem Flussabschnitt zwischen Gießen und Wetzlar. Schleusen sorgen für zusätzliche Abwechslung. Man muss sie selbst von Hand bedienen. Ein anderes Highlight der Lahn ist der einzige deutsche Schiffstunnel bei Weilburg, den man mit dem Kanu durchfahren kann. Er ist etwa 200 Meter lang und wurde bereits im Jahr 1847 eröffnet. Die Lahn ist übrigens auch bei Radfahrern sehr beliebt, denn es gibt sehr schöne Radwege entlang des Ufers. Man kann dort also prima Rad- und Paddeltouren miteinander verbinden. Es gibt zahlreiche Bootsverleiher, die verschieden lange und unterschiedlich schwierige Touren anbieten.

Weitere Infos zur Lahn:

Tourismus-Gesellschaft des Landes Hessen: Paddel-Touren auf der Lahn

Touren-Tipps zu anderen beliebten Kanuflüssen in Hessen finden sich auf der Internetseite der Tourismus-Gesellschaft des Landes.