01. Februar 2022 Landschaften & Ökosysteme

Interview: Zu Besuch auf der Feuchtwiese

Was genau ist eine Feuchtwiese? Und warum ist ihre Beweidung wichtig für den Naturschutz? Darüber hat ÖkoLeo mit Familie Brauner gesprochen.

Martina und Matthias Brauner arbeiten seit über 20 Jahren in der Landwirtschaft. Ihnen gehört der Merzehof in Dauernheim. Eine Besonderheit an diesem Biobauernhof ist, dass Familie Brauner ihre Rinder das ganze Jahr über draußen im Grünland hält. Genauer gesagt auf sogenannten Feuchtwiesen.

ÖkoLeo: Was genau ist eine Feuchtwiese?

Familie Brauner: Eine Feuchtwiese ist eine Wiese, die immer relativ feucht ist. Das sagt eigentlich auch schon der Name. Die hohe Feuchtigkeit kommt zum Beispiel durch das Grundwasser oder durch Überschwemmungen bei Regen zustande. Feuchtwiesen kommen häufig in der Nähe von Flussauen oder Seen vor.

ÖkoLeo: Und was ist das Besondere an Feuchtwiesen?

Familie Brauner: Es gibt dort viele Tiere, die auf trockenen Flächen selten sind. Dazu zählen zum Beispiel viele Insekten und Vögel. Auch besondere Pflanzen kommen auf Feuchtwiesen vor. Zum Beispiel Binsen, Seggen oder das Pfeifengras.

ÖkoLeo: Welche Bedeutung haben Feuchtwiesen für die Natur?

Familie Brauner: Verschiedene Lebewesen nutzen feuchte Wiesen als Lebensraum. Manche Vögel, sogenannten Bodenbrüter, benötigen sie zum Beispiel als Brutplatz. Sie könnten auf trockenen Wiesen nicht so gut brüten. Wenn Feuchtwiesen erhalten bleiben, wird auch der Lebensraum dieser Tiere geschützt.

Viele Feuchtwiesen wurden in der Vergangenheit trockengelegt. Zum Beispiel mithilfe von Gräben, über die das Wasser ablaufen konnte. Dadurch konnten die Weiden besser als Felder für die Landwirtschaft genutzt werden. Viele Tiere und Pflanzen wurden dabei aber aus ihrem Lebensraum vertrieben.

Mittlerweile möchte man, dass das Wasser und damit die Artenvielfalt wieder zurückkommt. So wie es ursprünglich mal war.

ÖkoLeo: Warum werden Feuchtwiesen trotzdem beweidet und nicht komplett in Ruhe gelassen?

Familie Brauner: Feuchtwiesen müssen generell gepflegt werden. Sonst wachsen sie zu. Auch dadurch verändert sich die Artenvielfalt. Wenn die Feuchtwiesen nicht beweidet werden, wuchern viele Büsche und Schilf meterhoch. Im Endeffekt könnte sich dort viele Tiere nicht mehr zum Brüten aufhalten. Das Gebiet würde für sie nutzlos werden und die Artenvielfalt abnehmen.

ÖkoLeo: Und welche Vorteile bietet da die Beweidung?

Familie Brauner: Dank der Beweidung bleibt die Landschaft insgesamt offen, sodass verschiedene Tiere sich dort aufhalten können. Das ist zum Beispiel wichtig für junge Vögel, die gerade geschlüpft sind. Sie brauchen kurzgefressene Flächen, um sich bewegen zu können.

ÖkoLeo: Wer sorgt dafür, dass die Wiesen kurz bleiben?

Kiebitze beobachten

Von zuhause aus kannst du die Kiebitze im Naturschutzgebiet "Mähried" ab April beobachten.

Familie Brauner: Diese Arbeit übernehmen die Kühe. Die Kuh ist praktisch der ideale Rasenmäher. Sie zerstört nicht den Boden und frisst nicht alles bis zum Grund. Sie lässt in manchen Ecken auch noch etwas stehen. Auch das ist gut für Vögel und Insekten, die zum Beispiel ein Versteck suchen.

Durch die Beweidung durch Kühe konnte sich auch zum Beispiel der Kiebitz-Bestand in Hessen wieder erholen.

ÖkoLeo: Gibt es auch Nachteile durch die Beweidung von Feuchtwiesen durch die Kühe?

Familie Brauner: Ja, denn in Feuchtgebieten gibt es mehr Parasiten. Darum müssen die Kühe häufiger entwurmt werden. Auch das Futter ist nicht so nahrhaft. Da ist eine saftige Wiese an einem Berg besser geeignet als das Gras auf der Feuchtwiese. Aber man beweidet die Flächen eben vor allem wegen des Naturschutzes.

ÖkoLeo: Beweiden ihre Kühe auch im Winter die Feuchtwiesen?

Familie Brauner: Bei uns stehen die Kühe eigentlich das ganze Jahr auf den Feuchtwiesen. Im Winter werden die Tiere aber zusätzlich gefüttert. Manche Tiere müssen aber auch in ein Winterquartier gebracht werden. Insbesondere wenn es im Winter auf den Wiesen zu feucht ist, weil es zu viel geregnet hat.

Familie Brauner mit ihren Rindern auf einer Feuchtwiese
Die Kühe stehen das ganze Jahr auf der Grünfläche. (Bild: HMUKLV / Oliver Rüther)

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