08. Dezember 2020 Landschaften & Ökosysteme

Spurensuche: Wie geht es dem Wald?

Der Wald leidet unter dem Klimawandel. Aber was bedeutet das? David Menke vom Forstamt Weilburg und Jugendwaldheim Weilburg erklärt, welche Folgen man selbst im Wald sehen kann.

ÖkoLeo: Dem Wald in Hessen geht es zurzeit schlecht, sagen Fachleute. Manche sprechen von einer Katastrophe. Was ist los in den Wäldern?

David Menke: In den letzten drei Jahren hat es leider viel zu wenig geregnet, und es war auch viel zu warm. Die Fichten leiden unter Wassermangel, weil sich ihre Wurzeln nur flach ausbreiten. Sie können das Grundwasser nicht erreichen. Darum sind die Fichten geschwächt.

Gleichzeitig konnte sich der Borkenkäfer stark vermehren. Und er hat in den geschwächten Fichten ein geeignetes Fressen gefunden. Normalerweise wehrt sich eine Fichte, wenn sich ein Borkenkäfer ins Holz bohren will. Sie lässt Harz austreten, und das verklebt den Borkenkäfer. Hat die Fichte aber nicht genug Wasser, kann sie nicht genug Harz produzieren. Auch wenn es zu viele Borkenkäfer gibt, schafft sie es nicht mehr, die Käfer abzuwehren.

ÖkoLeo: Kann man das sehen, wenn man im Wald unterwegs ist?

David Menke: Ja, das ist in ganz Hessen sichtbar. Jedes Kind kann sehen, dass es große Freiflächen gibt. Dort haben Forstleute die abgestorbenen Fichten gefällt.

Man sieht auch mehr Absperrungen. Denn Waldarbeiter müssen die Bäume fällen, die abgestorben sind oder die umzufallen drohen. Die Absperrungen darf man nicht durchqueren! Bei Fällarbeiten droht Lebensgefahr.

Es fällt auch auf, dass mehr Holz an den Wegen liegt. Teilweise hunderte Meter lange Holzpolter, das sind Stapel aus Holz von gefällten Bäumen. Denn die Forstleute schaffen es oft nicht mehr, das Holz sofort abzutransportieren. Ganz wichtig: Bitte nicht darauf klettern! Denn die Baumstämme können ins Rollen kommen. 

ÖkoLeo: Sind nur die Fichten betroffen?

David Menke: Die Trockenheit hat auch den älteren Buchen sehr stark zu schaffen gemacht. Die Wurzeln können nicht so schnell nachwachsen, wie das Grundwasser absinkt. Dann bekommen die Bäume Trockenstress, und Pilze und Käfer finden dann auch an der Buche leichtes Fressen.

ÖkoLeo: Kann man den Bäumen ansehen wie es ihnen geht?

David Menke: Ob es einem Baum gut geht, das erkennt man am ehesten an seiner Krone. Einem Baum, der im Sommer viele Nadeln oder viele Blätter hat, dem geht es in der Regel gut. Wenn man hoch in die Krone schaut und feststellt, Mensch, da sind wenige Blätter, dann ist das ein Zeichen für Schädigungen.

Bei kranken Buchen sieht man auch abblätternder Rinde. Eine Buche kann Sonnenbrand bekommen. Das erste Zeichen sind schwarze Punkte und Flecken auf der Rinde.

Beim Ahorn beobachten wir die Rußrindenkrankheit. Das ist ein Pilz, der eine schwarze Schicht bildet, auf ein bis zwei Meter Höhe am Stamm. Das sieht aus wie Kaffeesatz. Wenn man so etwas findet: bitte nicht anfassen! Denn das Schwarze sind Pilzsporen, die beim Einatmen die Lunge schädigen können.

ÖkoLeo: Kann man auch die Borkenkäfer direkt sehen?

David Menke: Ja, die kann man sogar sehr gut sehen. Man findet sie an Fichten, die oben schon keine Nadeln mehr haben oder wo Rindenteile abblättern. Wenn man dort ein Stück Rinde abnimmt, sieht man meistens die Borkenkäfer krabbeln oder ihre weißen Larven. Auch an einem Holzpolter kann man meistens Borkenkäfer finden, wenn man unter die Rinde schaut.

Bei Sonne kann man an Fichten auch kleine, glänzende silberne Punkte sehen. Das sind Einbohrversuche von einem Borkenkäfer, dort ist Harz ausgetreten und glänzt in der Sonne.  Manchmal findet man da auch einen Käfer, der sich verklebt hat.

Außerdem findet sich auch unten am Stammfuß, kurz oberhalb der Wurzel am Erdboden, braunes Bohrmehl. So stellen auch wir Forstleute fest: Da haben die Borkenkäfer sich eingebohrt.

Ein Borkenkäfer
Ein Borkenkäfer (Bild: F. Reinbold / HessenForst)

 

ÖkoLeo: Bei einem Spaziergang im Wald dachte ich, dass sich das Gehen ungewöhnlich anfühlt. Ich fand, dass es bei jedem Schritt stark raschelt und knistert. War das Zufall?

David Menke: Wenn man über Laub läuft und es knistert und staubt, dann sind das Anzeichen dafür, dass Wasser fehlt. Selbst beim Spazierengehen auf einem Weg sieht man den Staub. Teilweise kann man auch abgebrochene Äste sehen, die noch grün sind.

Manche Bäume haben ihr Laub schon im Sommer abgeworfen, was ja eigentlich erst im Herbst passiert. Das ist auch ein Zeichen dafür, dass die Bäume nicht genug Wasser haben.

Was man zum Beispiel bei der Eiche oder bei der Buche beobachten kann, sind sogenannte "Angstreiser". Wenn der Baum merkt, dass er oben in der Krone nicht mehr genug Blätter hat, dann bildet er neue Äste, neue Triebe, aus denen neue Blätter wachsen.

Dann sieht man einen Stamm, der unten sehr viele Blätter hat, aber oben in der Krone schon trocken ist oder wenig Laub hat.

ÖkoLeo: Wie sieht es mit den anderen Pflanzen und den Tieren im Wald aus, sind die auch von der Dürre betroffen?

David Menke: Ja, Dürre und Wassermangel machen fast allen Tier- und Pflanzenarten zu schaffen. Jedes Waldtier muss trinken. Wasser ist zum Beispiel für Wildschweine besonders wichtig. Sie brauchen Wasserlöcher, sogenannte Suhlen, wo sie sich im Sommer abkühlen können.

Der Wald ist ein komplexes System mit vielen Beziehungen zwischen verschiedenen Pflanzen und Tieren. Wenn sich die Zusammensetzung der großen Bäume verändert, so hat dies auch immer Auswirkungen auf andere Lebewesen.

Auf den großen Freiflächen haben es die kleinen Bäume, die dort nachwachsen und groß werden wollen, nicht ganz so einfach. Denn die älteren Bäume bilden normalerweise einen schützenden Schirm, der Sonne und Wind abhält. Außerdem wachsen auf den freien Flächen krautige Pflanzen wie Brombeere, und die kann kleine Bäume überwachsen. Andererseits bietet so ein Brombeergestrüpp auch einen super Lebensraum, zum Beispiel für Vögel. Und Brombeere ist auch im Winter grün und bietet zum Beispiel für das Reh noch grüne Blätter zum Äsen.

Auch ganz kleine Waldbewohner, die Ameisen, sind betroffen. Sie bauen ihre Nester gerne in Nadelwäldern und nutzen die Nadeln als Baumaterial. Wenn man durch den Wald geht, findet man die Ameisenhaufen meistens unter Fichten am Rand von Waldwegen. Wenn die Fichten alle abgestorben sind, müssen die Ameisen vielleicht umziehen.

ÖkoLeo: Können wir etwas tun, um den Wäldern zu helfen?

David Menke: Jede und jeder kann etwas tun, indem sie oder er auf den Klimaschutz achtet. Das heißt, den Ausstoß von Treibhausgasen vermeiden. Zum Beispiel, indem wir möglichst wenig Auto fahren.

Man kann auch ganz konkret etwas tun und bei Pflanzaktionen mithelfen. Und es gibt auch Jugendorganisationen, die sich mit dem Wald und mit der Natur beschäftigen. Dazu gehören die Deutsche Waldjugend oder die Naturschutzjugend vom NABU. Meistens haben die Gruppen auch ein kleines Stück Land oder ein Stück Wald, wo sie sich treffen und Gutes für Wald und Natur tun. 

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