01. März 2015 Tiere

Wildkatzenland

Ein kleines Tier sorgt für große Begeisterung: Immer mehr Wildkatzen leben in Hessen. Für den Naturschutz ist das ein gutes Zeichen. Denn wo die anspruchsvollen Katzen sich wohlfühlen, können auch andere seltene Arten gut leben.

Hessen ist Wildkatzenland, sagen Fachleute. Dabei hatten bisher nur sehr wenige Menschen das Glück, eins der Tiere in seiner natürlichen Umgebung zu beobachten. Denn sie leben versteckt in dünn besiedelten Gebieten und sind mit ihrem getigerten Fell gut getarnt.

Vor allem aber sind Wildkatzen heute sehr selten. Sie stehen auf der sogenannten „Roten Liste“ der stark gefährdeten Arten. In ganz Deutschland gibt es nur noch zwischen 5.000 und 7.000 Tiere.

Doch in den letzten Jahren hat sich die Lage etwas gebessert, weil viel für den Schutz der Wildkatzen getan wird. Gerade in Hessen gibt es noch mehr Platz und gute Bedingungen für die Tiere. Und es gibt viele Menschen, die sich für sie einsetzen.

Was brauchen die Wildkatzen?

Wildkatzen sehen Hauskatzen mit getigertem Fell sehr ähnlich. Doch handelt es sich nicht um verwilderte Haustiere! Zwar sind Wildkatzen und Hauskatzen eng verwandt und gehören zur gleichen Art mit dem lateinischen Namen Felis silvestris. Doch Hauskatzen sind biologisch gesehen eine Unterart. Die Wildkatzen leben dagegen wild in der Natur, ganz unabhängig von Menschen.

Als Lebensraum brauchen sie große Wälder mit vielen lichten Flächen und Waldrändern. Der Wald und offene Flächen sollten den Tieren genügend Verstecke bieten, zum Beispiel Büsche und Hecken. Natürlich muss es genügend Nahrung geben –vor allem Mäuse. Außerdem ist es wichtig für die Wildkatzen, dass sie nicht zu oft durch Menschen gestört werden.

Was ist das Besondere in Hessen?

Landkarte über den Lebensraum von Wildkatzen in Hessen
Die blauen Markierungen auf der Karte zeigen, wo in Hessen Wildkatzen leben. (Bild: Geoportal Hessen /)

In Hessen gibt es viele Gebiete, in denen Wildkatzen leben können. Fast die Hälfte des Landes, 42 Prozent, ist mit Wald bewachsen. Davon sind viele Wälder sehr naturnah. Naturnah ist ein Wald besonders dann, wenn viele einheimische Baumarten dort gemischt wachsen und diese Wälder besonders alt werden können.

Vor allem im Nordosten und Südwesten Hessens leben Wildkatzen. Das größte Gebiet, in dem die Tiere vorkommen, liegt im Norden. Es umfasst den Reinhardswald, Kaufunger Wald, Söhre, Meißner, Riedforst, Schlierbachswald, Ringgau, Seulingswald und den Knüll. Das andere große Verbreitungsgebiet ist im Taunusgebirge im Süden. Auch dazwischen leben kleinere Vorkommen, und immer wieder tauchen einzelne Tiere in verschiedenen Gebieten auf.

Straßen zerschneiden Waldgebiete

Hier kannst Du mehr über Wildkatzen erfahren!

In Hessen gibt es mehrere Tierparks, in denen Du Wildkatzen „live“ sehen kannst: den Wildpark Tiergarten Weilburg, den Wildpark Knüll, den Wildpark Alte Fasanerie Hanau, die Fasanerie Wiesbaden und den Opel-Zoo in Kronberg. Auch in Schutzgebieten kannst Du viel über die Wildkatzen lernen. Zum Beispiel in den Naturschutzzentren im Habichtswald, im Hessischen Spessart, im Biosphärenreservat Rhön und im Nationalpark Kellerwald-Edersee. Ein Tipp für einen Spaziergang bei schönem Wetter ist das Wildkatzen-Walderlebnis am Winterstein im Taunus.

 

Noch gibt es aber in vielen Gebieten zu wenige Tiere. Dort könnte es passieren, dass die Wildkatze wieder ganz verschwindet, wenn mehrere Tiere sterben. Das passiert zum Beispiel häufig auf Straßen, welche die von Wildkatzen bewohnten Waldgebiete voneinander trennen. Fachleute haben festgestellt, dass Verkehrsunfälle die häufigste Todesursache für erwachsene Tiere sind.

Die Zerschneidung der Lebensräume ist eines der größten Probleme für die Wildkatzen, nicht nur wegen der Unfallgefahr. Oft behindern Autobahnen, viel befahrene Bundesstraßen oder Bahnstrecken die Wanderungen der Tiere. Auch große Ackerflächen sind ein Hindernis, wenn es dort wenig Deckung gibt. So können sich die Wildkatzen nur schwer weiter ausbreiten.

Wie kann man die Chancen verbessern?

Luchs auf einer Lichtung im Wald
Wo die Wildkatzen leben, sind die Bedingungen auch für Luchse gut. (Bild: Michael Röth)

Zukünftig sollen es die Wildkatzen auf ihren Wanderungen leichter haben. Zwischen den verschiedenen Gebieten, in denen sie bereits leben, sollen Verbindungen geschaffen werden. Zum Beispiel sollen sogenannte Grünbrücken über Autorbahnen gebaut werden. Das sind Brücken extra für Wildtiere, die mit Sträuchern bewachsen sind. So können die Tiere geschützt von einem Waldgebiet zum nächsten gelangen. Auch manche Straßenunterführungen sollen so ausgebaut werden, dass sie auch von Wildtieren benutzt werden. Dafür dürfen die Wege zum Beispiel nicht zu eng sein.

Der Verein Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat vor einigen Jahren einen Plan für diese Verbindungswege entworfen. Ein Netz aus Wäldern soll dabei herauskommen – daher heißt die Aktion „Rettungsnetz Wildkatze“. Nicht nur um Brücken und Tunnel geht es dabei. In manchen Gebieten werden sogar Büsche und Bäume in den Lücken zwischen Wäldern gepflanzt. Das Land Hessen hat diesen Wildkatzenplan in seine Planungen übernommen, in das sogenannte Biotopverbundkonzept . Für Pflanzmaßnahmen gibt das Land unter bestimmten Umständen zusätzlich Geld.

Wildkatzenschutz hilft auch anderen Arten

Neubau der A44 für eine bessere Überquerung von Wildkatzen
Neubau der A44: In Wildkatzengebieten soll darauf geachtet werden, dass die Tiere genügend Möglichkeiten zum Überqueren der Straße haben. (Bild: Presse03 / Wikimedia Commons / CC BY-SA 3.0)

Vorher wurde untersucht, wo es besonders viele Wildkatzen gibt und welche Wege ihnen am meisten helfen würden. Genau dort werden nun Verbindungen geschaffen. In manchen Gebieten würde sich die Mühe aber nicht lohnen – denn sie werden zu stark von den Menschen genutzt. Im Rhein-Main-Gebiet in Südhessen zum Beispiel leben und arbeiten besonders viele Menschen auf engem Raum. Und in anderen Gebieten wie dem Limburger Becken gibt es zu wenig Wald.

Die Grünbrücken und Verbindungen zwischen Waldgebieten helfen nicht nur den Wildkatzen. Auch andere Tiere wie Hirsche nutzen die Brücken. Wenn Wildkatzen in einem Gebiet vorkommen, heißt das, dass es auch für andere seltene Tiere geeignet sein könnte. Zum Beispiel für den Luchs, die größte Wildkatzenart in Europa. Sehr lange Zeit gab es keine Luchse mehr in Hessen. Im Jahr 1833 wurde das letzte Tier für rund 150 Jahre gesehen. Erst in den 1980er Jahren tauchten die Tiere wieder auf, vor allem im Werra-Meißner-Kreis in Nordhessen.

Wer macht mit beim Artenschutz?

Um den Schutz der Wildkatzen bemühen sich auch die hessische Landesregierung und verschiedene Behörden des Landes und des Bundes. Sie geben zum Teil Geld für die Schutzprojekte aus, unter anderem für das „Rettungsnetz Wildkatze“. Zum Teil geht es auch um mehr Rücksicht auf die Tiere.

So wird vor dem Bau von Straßen untersucht, wie sich diese auf die Natur auswirken. Manchmal werden dann die Pläne geändert: Straßen werden anderswo gebaut, oder an Straßen werden Zäune und genügend Grünbrücken für die Wildtiere eingeplant.

Beim Bau der Autobahn A 44 zwischen Kassel und Eisenach zum Beispiel wurde sehr genau untersucht, wo Wildkatzen leben und wie man ihnen ermöglicht, die Autobahn zu überqueren. Dabei sollen Über- oder Unterführungen helfen. Dazwischen soll ein spezieller Zaun errichtet werden, der auch von Wildkatzen nicht überwunden werden kann. An der Autobahn A7 ist sogar nachträglich eine begrünte Wildbrücke errichtet worden . Beim Bau von Windkraftanlagen gibt es in der Regel keine besonderen Nachteile für Wildkatze und Co.

Hessens Wälder sollen wilder werden

Gerade in den Wäldern achtet das Land auf den Naturschutz. Das kann viel bewirken, denn ein großer Teil der hessischen Wälder gehört dem Land. Diese Wälder sind bereits nach dem PEFC-System einem strengen „Wald-TÜV“ unterworfen. Künftig sollen sie das sogenannte FSC-Siegel erhalten. FSC steht für eine internationale Organisation mit dem englischen Namen „Forest Stewardship Council“. Sie setzt sich für einen noch schonenderen Umgang mit den Wäldern ein. Schon bisher sollte der Wald auf Dauer erhalten bleiben. Dazu gehört, dass nur so viele Bäume gefällt werden, wie nachwachsen. Und bei der Forstwirtschaft muss in Hessen auf den Natur- und Artenschutz Rücksicht genommen werden.

Das FSC-Siegel wird vergeben, wenn ein Wald besonders naturschonend bewirtschaftet wird. Und ein kleiner Teil dieser Wälder darf gar nicht mehr genutzt werden. Dort werden gar keine Bäume gefällt. So entstehen neue Wildnisbereiche, in denen Wildtiere wie die Wildkatze ungestört leben können.