02. August 2021 Tiere

Feldhamster, Feldlerche, Feldhase: Was können wir für die Tiere auf den Feldern tun?

Früher waren sie teilweise so häufig, dass sie als Plage galten – heute sind einige fast verschwunden. Das Hessische Umweltministerium will Tiere auf Feldern und Wiesen besser schützen.

Das Hessische Umweltministerium startet eine Informationskampagne zum Artenschutz in Feld und Flur. Sie heißt "Feldliebe". Dr. Matthias Werner erklärt im Interview, was dahintersteckt. Er ist im Ministerium für Artenschutz zuständig.

ÖkoLeo: Tierarten in "Feld und Flur" sollen in Hessen besser geschützt werden. Was ist mit "Feld und Flur" gemeint?

Matthias Werner: Das sind Flächen, die für die Landwirtschaft genutzt werden. Die offene Ackerlandschaft mit Hecken, Wegen, oder auch Streuobstgebieten und Wiesen. Das wird auch manchmal als Feldflur bezeichnet. Das ist ein althergebrachter Ausdruck, der aber gut passt. Denn es geht um Heimat, um die Kulturlandschaft. [Das ist eine Landschaft, die schon seit langer Zeit von Menschen gestaltet wird – Anmerkung der Redaktion.]

ÖkoLeo: Um welche Arten geht es?

Matthias Werner: Dort leben eine Menge Arten. Wir haben uns ein paar rausgepickt, die sehr gefährdet sind. Oder Arten, die wir Leitarten nennen. Zum Beispiel den Feldhamster, das Rebhuhn, die Feldlerche oder auch den Feldsperling. Viele Arten tragen auch schon das Wort "Feld" in ihrem Namen.

In der Ackerlandschaft waren die früher sehr, sehr weit verbreitet, aber im Moment sind sie große Sorgenkinder des Naturschutzes. Bei der Feldlerche ist die Entwicklung katastrophal. Wir haben ungefähr noch halb so viele Feldlerchen wie vor 25 Jahren. Das ist schon ziemlich heftig.

ÖkoLeo: Was bedeutet "Leitart"?

Matthias Werner: Wenn man solche Arten fördert, dann ist das auch gut für eine Menge anderer Arten, eine ganze Lebensgemeinschaft. Das Rebhuhn zum Beispiel braucht ungenutzte Flächen entlang von Hecken oder Wegen zur Aufzucht der Jungen und zur Nahrungssuche. So ein Lebensraum ist aber auch gut für viele andere Arten.

Auch das Rebhuhn ist in Deutschland stark gefährdet. (Bild: David Galavan / commons.wikimedia.org / CC BY-SA 4.0)

ÖkoLeo: Warum müssen denn die Arten auf den Feldern geschützt werden? Warum sind sie bedroht?

Matthias Werner: Das hat ganz viel mit der Landwirtschaft zu tun. Dort hat sich vieles verändert, ohne dass es den Menschen so richtig aufgefallen ist. Unsere Landwirtschaft ist sehr viel intensiver geworden. Es wird eine Menge von Pflanzenschutzmitteln eingesetzt. Und die verschiedenen Schritte bei der Bewirtschaftung der Felder folgen schneller aufeinander. Es wird früher geerntet als früher. Das liegt auch am Klimawandel.

Aber die Vogelarten der Feldflur zum Beispiel brüten auf den Äckern. Wenn es bei der Bewirtschaftung zu schnell geht, können sie nicht mehr ungestört brüten. Dann passen die Landwirtschaft und die Bedürfnisse der Tiere nicht mehr zusammen.

Es fehlt auch Nahrung. So gibt es weniger Insekten, die Vögel für die Aufzucht ihrer Jungen benötigen. Außerdem bleibt kaum etwas auf dem Acker liegen. Die Landwirtschaft ist heute nicht nur schnell, sondern auch gründlich.

Das betrifft zum Beispiel den Feldhamster. Wenn beim Getreide nichts stehenbleibt, haben die Tiere Schwierigkeiten, überhaupt noch Körner zu finden. Und nach oben ist alles offen, die Hamster sind dann auch für Greifvögel leichte Beute.

ÖkoLeo: Das Umweltministerium schreibt, dass das Verschwinden der Feldtiere oft "unbemerkt" bleibt. Wie kommt das?

Matthias Werner: Es geht um Arten, die sich sehr heimlich verhalten müssen, weil das sozusagen ihr Überlebensmotto ist. Die Feldflur ist eine sehr offene Landschaft. Die Tiere auf dem Feld werden leicht gesehen von Greifvögeln oder von Füchsen. Deshalb müssen sie sich sehr gut tarnen oder möglichst wenig auffallen.

Hamster zum Beispiel sind überwiegend nachtaktiv und bleiben immer in Deckung. Wenn ein Feldhamster schnell fliehen muss, lässt er sich einfach in sein Hamsterloch fallen, so ähnlich wie Feuerwehrleute, die an Stangen runterrutschen.

Rebhühner sind extrem gut getarnt. Wenn man durch die Landschaft geht, sieht man sie dadurch nur sehr selten. Und die Feldlerche ist braun-grau gefärbt – sie ist auch ein Vogel, der nicht auffällt.

ÖkoLeo: Was muss getan werden, um die Arten auf den Feldern zu schützen?

Matthias Werner: Für den Feldhamster beispielsweise Streifen von Getreide länger stehen lassen, damit sie auch nach der Ernte einen Rückzugsraum und etwas zu fressen haben.

Wir müssen wieder mehr Vielfalt in die Landschaft bringen, mehr blühende Wiesen und blühende Äcker. Und es muss auch mal etwas auf dem Acker stehenbleiben.

Da sind wir auf die Mitarbeit der Landwirtschaft angewiesen. Die Landwirte machen das auch gerne. So eine Art wie ein Feldhamster ist ja auch ein echter Sympathieträger.

Feldhamster gehörten früher zu den häufigsten kleinen Säugetierarten Deutschlands. Heute gibt es nur noch sehr wenige. (Bild: SgH / Pixabay.com / Pixabay Lizenz)

ÖkoLeo: Wie kann eine Informationskampagne beim Artenschutz helfen?

Matthias Werner: Die Landwirte brauchen Informationen, damit an der richtigen Stelle das Richtige getan wird. Zum Beispiel, dass sie Blühflächen oder Blühstreifen anlegen oder ungenutzte Streifen an Rändern von Feldern fortbestehen. Auch die kleinen Strukturen am Rande der Äcker wie Gräben, Hecken und Feldraine gilt es zu erhalten.

Wir wollen auch, dass sich Leute in der Landschaft naturbewusster verhalten. Zum Beispiel sollte man während der Brutzeit nicht seinen Hund frei über Felder oder Wiesen laufen lassen. Weil Hunde möglicherweise in Feldlerchen-Nestern oder im Gelege von Rebhühnern herumstöbern.

ÖkoLeo: Kann ich selbst sonst noch etwas tun, auch wenn ich keinen Hund habe?

Matthias Werner: Man kann sich auch im Naturschutz engagieren. Zum Beispiel bei Naturschutzverbänden, die Projekte im Artenschutz durchführen.

Es gibt auch Patenschaften für Feldhamster. Paten können Feldhamster mit einem Geldbetrag sponsern. Oder man kann dafür spenden, dass Blühflächen in den Feldern angelegt werden.

Wenn man am Rand eines Ortes wohnt, gibt es noch eine Möglichkeit. Dann kann man Nistkästen in den Garten hängen. Die werden zum Beispiel von Feldsperlingen sehr gerne angenommen. Auch für den Steinkauz kann man Nistmöglichkeiten schaffen, in dem man alte Obstbäume mit Naturhöhlen stehen lässt oder eine Steinkauz-Röhre zum Brüten aufhängt.

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