30. April 2022 Tiere

Wie arbeitet ein Wildtierfotograf?

Axel Gomille fotografiert seit vielen Jahren wildlebende Wölfe in Deutschland. Im Interview mit ÖkoLeo berichtet er von seinem Traumberuf als Wildtierfotograf.

Wie ist es eigentlich, einen Tiger oder einen Wolf in freier Wildbahn zu fotografieren? Worauf muss man dabei besonders achten? ÖkoLeo hat mit Axel Gomille über seine Arbeit als Wildtierfotograf gesprochen. Er ist 51 Jahre alt und studierter Zoologe. Schon als Kind begeisterte er sich für Tiere. Mit 13 begann er, Feldhasen, Rehe und Füchse zu fotografieren. Heute arbeitet Axel Gomille als Wildtierfotograf, Buchautor und Filmemacher.

ÖkoLeo: Was sollte man mitbringen, um Tierfotografin oder Tierfotograf zu werden?

Axel Gomille: Entscheidend ist das Interesse für die Natur. Wenn man erfolgreich fotografieren möchte, braucht man viel Wissen über seine Motive. Zum Beispiel muss ich wissen, wo ich welche Tiere finden kann und wie sie sich verhalten. Dieses Wissen ist entscheidend, um später gute Fotos zu machen und seine Zeit sinnvoll einzusetzen.

ÖkoLeo: Wie haben Sie sich dieses Wissen angeeignet?

Axel Gomille: Ich habe alles verschlungen, was ich über Wildtiere in die Hände bekommen konnte. Das waren Zeitschriften, Bücher und Naturdokus. Ich war schon als Kind in vielen Büchereien und habe mir Literatur über Natur und Wildtiere ausgeliehen. Dieser Prozess endet nie. Auch heute noch versuche ich, immer mehr über Wildtiere zu erfahren. Vor allem, wenn ich in Regionen reise, in denen ich noch nie war.

ÖkoLeo: Welche besonderen Wildtiere haben Sie bereits fotografiert?

Axel Gomille: Ich hatte das Glück, schon viele faszinierende Tiere in freier Wildbahn fotografieren zu können, wie Indische Tiger oder Schneeleoparden im Himalaya. Das ist etwas ganz Besonderes, denn diese Tiere sind sehr selten.

Aber auch hier in Deutschland hatte ich schon viele spannende Begegnungen. Besonders faszinierend sind für mich Wölfe. Über sie habe ich schon zwei Bücher und mehrere Filme gemacht. Es ist unglaublich schwer, Wölfe in freier Wildbahn zu fotografieren. Zum einen, weil Wölfe in Deutschland selten sind. Zum anderen sind sie sehr scheu. Darum bin ich auch oft gescheitert und ohne Fotos nachhause gekommen, was sehr frustrierend sein kann. Diese fehlgeschlagenen Versuche sieht man meinen Fotos natürlich nicht an.

ÖkoLeo: Auf welche Fotos sind Sie besonders stolz?

Axel Gomille: Besonders stolz bin ich auf meine Fotos von den wildlebenden Wölfen in Deutschland. Solche Porträts gibt es nicht häufig.

Foto vom Gesicht eines Wolfes
Axel Gomille ist Tierfotograf und fotografiert unter anderem wildlebende Wölfe in Deutschland. (Bild: ©Axel Gomille / www.axelgomille.com)


ÖkoLeo: Wie nah mussten Sie an den Wolf ran, um so ein Foto aufzunehmen?

Axel Gomille: Ich gehe überhaupt nicht an die Wölfe ran, die Wölfe kommen zu mir. Wölfe haben äußerst gute Sinne. Sie riechen und hören viel besser als wir Menschen. Deshalb kann man sich den Wölfen fast nicht nähern. Sie würden mich bemerken und davonlaufen.

Stattdessen lege ich mich an einem Ort auf die Lauer, an dem die Wölfe vielleicht vorbeikommen. Mit meinem Tarnanzug verstecke ich mich dort und warte auf die Tiere. Ich muss dann ganz leise sein und auf den Wind achten, damit mich die Wölfe nicht riechen.

Hier kommt wieder das Wissen über die Tiere ins Spiel. Ich muss wissen, mit welchen Sinnen die Tiere ihre Umwelt wahrnehmen. Seeadler oder Kraniche achten nicht auf den Wind. Sie reagieren auf Bewegungen. Die Wölfe achten sowohl auf Bewegungen und Geräusche als auch auf den Wind. Das macht es besonders schwierig.

ÖkoLeo: Wie ist es Ihnen gelungen, so ein faszinierendes Foto aufzunehmen?

Axel Gomille: Ich habe an einer bestimmten Stelle gewartet, von der ich gehofft habe, dass dort Wölfe aufkreuzen. Und tatsächlich ist dann eine Gruppe von Jungtieren aufgetaucht. Häufig habe ich Wölfe weit weg in der Dämmerung bei schlechtem Licht gesehen. Um gute Fotos zu machen, müssen die Wölfe jedoch näherkommen und es muss heller sein. An diesem Abend hat alles geklappt.

Einer der Wölfe kam sehr nah an mich ran, auf eine Distanz von etwa 20 Metern. Er schaute mich direkt an. Offenbar hat er mich in meiner Tarnkleidung nicht bemerkt, denn er ist nicht weggelaufen. So habe ich ein paar ungewöhnliche Porträts bekommen.

Zwei Wölfe in freier Wildbahn
Diese beiden wildlebenden Wölfe hat Axel Gomille in Sachsen-Anhalt fotografiert. (Bild: ©Axel Gomille / www.axelgomille.com)


ÖkoLeo: Hatten Sie in diesem Moment keine Angst?

Axel Gomille: Überhaupt nicht. Ich habe Wölfe ja schon oft in freier Natur beobachtet – sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern. Daher wusste ich aus eigener Erfahrung, wie scheu und vorsichtig die Tiere sind. Es gab auch schon die Situationen, dass ein Wolf meinen Geruch bemerkt hat. Er hat dann umgedreht und lief davon. Meine Erfahrung ist, dass Wölfe stets versuchen, Begegnungen mit Menschen zu vermeiden.

Natürlich war ich in dieser seltenen Situation beim Fotografieren ein wenig aufgeregt. Ich hatte Sorge, die Wölfe könnten mich bemerken und davonlaufen, bevor ich gute Fotos machen kann. Aber an diesem Abend hat einfach alles gepasst. Ein seltener Glücksmoment, der für viele Strapazen entschädigt.

ÖkoLeo: Was muss ich als Anfängerin oder Anfänger beachten bei der Wildtierfotografie?

Axel Gomille: Es ist ganz wichtig, dass man die Tiere nicht stört. Das ist das oberste Gebot. Es geht darum, den Moment zu beobachten und festzuhalten. Nicht darum, die Tiere um jeden Preis aufzusuchen oder ihnen sogar hinterherzurennen. Man muss sich ruhig verhalten und sollte selbstverständlich nichts anfassen – also etwa Tiere fangen, Pflanzen abreißen oder Ähnliches. Das eigene Handeln soll keine negativen Folgen haben.

Für die Fotografie von Wildtieren braucht es sehr viel Eigenverantwortung und Respekt vor der Natur. Dann bemerkt man auch, wenn ein Tier sich gestört fühlt. Das muss man respektieren und auf eine andere Gelegenheit warten.

ÖkoLeo: Was macht Ihnen besonders Spaß an Ihrem Beruf?

Axel Gomille: Es macht mich glücklich, wenn ich draußen bin und ein besonderes Tier sehen darf oder ein interessantes Verhalten beobachten kann. Das ist der eigentliche Lohn meiner Arbeit. Wenn ich dann noch eine Erinnerung an den Moment habe in Form eines gelungenen Fotos, freut mich das besonders.

Die Fotografie ist für mich auch ein wertvolles Mittel, um Menschen für die Natur zu begeistern. Gute Fotos können Wildtiere den Menschen näherbringen, auch wenn sie sie selbst nicht gesehen haben. Nicht umsonst lautet ein berühmtes Sprichwort: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.

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