Interview: Wie können wir die Wildkatze schützen?
Wusstest du, dass in Hessens Wäldern wilde Katzen leben? Rund 5.000 Wildkatzen gibt es in ganz Deutschland. Aber ihr Lebensraum ist gefährdet. Waldschützer Nico Eidenmüller erklärt, wie wir das ändern können.
Nico Eidenmüller arbeitet als Waldschützer bei der Zoologischen Gesellschaft in Frankfurt. Dort kümmert er sich um die Entwicklung von Naturwald im Wispertaunus. Der Wald ist Teil des größten zusammenhängenden Waldgebietes in Hessen. Naturwälder sind Wälder, die nicht bewirtschaftet werden. Der Mensch greift dort also nicht ein, sodass sie sich natürlich entwickeln und alt werden dürfen. Naturwälder bieten einen wichtigen Lebensraum für Pflanzen und Tiere, zum Beispiel auch für die europäische Wildkatze.
ÖkoLeo: Ich habe noch nie eine europäische Wildkatze gesehen. Sie?
Nico Eidenmüller: Nur im Zoo, in der freien Wildbahn hatte ich noch nicht das Glück, eine Wildkatze zu sehen.
ÖkoLeo: Wieso denn nicht?
Nico Eidenmüller: Wahrscheinlich, weil ich als Waldschützer mehr Zeit am Schreibtisch und Telefon verbringen muss, als im Wald. Aber auch dort ist es sehr schwer, eine Wildkatze zu Gesicht zu bekommen. Denn Wildkatzen sind nachaktiv und sehr scheu. Tagsüber schlafen die Tiere zum Beispiel in Baumhöhlen und kommen erst am Abend aus ihren Verstecken.
Hinzu kommt, dass Wildkatzen in Hessen stark gefährdet sind.
Lebensraum Wald
Wie geht es unseren Wäldern?
ÖkoLeo: Warum ist das so?
Nico Eidenmüller: Wir Menschen haben unsere Landschaft in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten sehr stark verändert. Wir haben Straßen gebaut und Felder angelegt. Und wir bewirtschaften fast alle Wälder in Deutschland. Das bedeutet, dass Bäume zur Holzproduktion gefällt werden. Richtigen Urwald mit sehr alten Bäumen gibt es nicht mehr.
Die Wildkatze braucht aber sehr große und ungestörte Waldgebiete mit großen, alten Bäumen und Baumhöhlen. Denn dort ziehen sie ihre Jungen auf. Deshalb ist es wichtig, alte Wälder zu schützen.
Damit sich die Wildkatzen wieder ausbreiten können, ist es notwendig, Wälder wieder miteinander zu verbinden. Denn sie sind meist durch Felder der Landwirtschaft und Straßen voneinander getrennt. Durch Hecken und Baumreihen in den Feldern könnte man das wieder ändern. Auch helfen mit Bäumen bepflanzte Brücken, damit die Wildkatze und andere Tiere die Straßen sicher überqueren können.
ÖkoLeo: Im Wispertaunus kann man Wildkatzen finden. Was ist dort so besonders?
Nico Eidenmüller: Der Wispertaunus ist ein besonders großes Waldgebiet mit wenigen Straßen und Siedlungen. Die Förster haben hier in der Vergangenheit einiges richtig gemacht. Sie haben ältere Bäume geschützt und teilweise in Waldbereiche länger nicht eingegriffen. So konnte der Wald wieder mehr verwildern.
Dort gibt es neben großen, alten und ganz jungen Bäumen, auch viele umgefallene und quer liegende Bäume. Sie bieten der Wildkatze Versteckmöglichkeiten bei der Jagd auf Mäuse. Sie fühlt sich in diesem natürlichen Chaos also ziemlich wohl.
Galerie
ÖkoLeo: Wie können wir es schaffen, dass Wildkatzen auch anderswo wieder besser leben können?
Nico Eidenmüller: Wir Menschen müssen lernen, der Natur wieder mehr Platz zu lassen. Nur so kann sie sich selbstständig entwickeln. Von echter Wildnis, wie es sie zum Beispiel in unseren Nationalparks gibt, profitieren Tiere, Pflanzen und auch wir Menschen.
Außerdem müssen wir Wildnisgebiete miteinander vernetzen, damit sich die Wildkatzen über Waldgebiete hinweg besser ausbreiten können. Dafür brauchen wir wilde Ecken an Feldern, mit Bäumen und Sträuchern, in denen sich die Wildkatze wohlfühlt.
ÖkoLeo: Warum ist es so wichtig, dass wir den Lebensraum der Wildkatze schützen?
Nico Eidenmüller: Der Wald ist nicht nur für die Wildkatze, sondern auch für viele andere bedrohte Arten ein wichtiger Lebensraum, wie zum Beispiel für Fledermäuse, Schwarzstörche oder den Luchs. Und auch für uns Menschen ist der Wald wichtig, da wir uns hier erholen und Ruhe finden können.
Außerdem speichern gerade alte Wälder große Mengen Kohlendioxid. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag beim Klimaschutz. Wir sollten uns daher dafür einsetzen, dass es wieder mehr wilde Wälder wie den Wispertaunus in Deutschland gibt. Es lohnt sich auch, den Wispertaunus zu besuchen! Mit etwas Glück sieht man dort auch mal eine Wildkatze oder ein Reh durch den Wald huschen.
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