28. Februar 2023 Energie

Interview: Wohin mit dem hochradioaktiven Müll?

Hochradioaktiver Abfall kann viele hunderttausend Jahre gefährlich sein. Darum müssen wir ein sicheres Endlager für den Müll finden. Wie die Suche funktioniert und worauf es dabei ankommt, erklärt Dorothee Ahlers im Interview.

Wie kann hochradioaktiver Abfall sicher entsorgt werden? Über diese Frage haben wir mit Dorothee Ahlers gesprochen. Sie arbeitet im Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung in Berlin. Frau Ahlers organisiert unter anderem Info-Veranstaltungen zum Thema Endlagersuche in ganz Deutschland. Was ein Endlager ist und warum die Suche so wichtig ist, erklärt sie im Interview.

Strom aus Atomkraft

Wie funktioniert ein Atomkraftwerk?

ÖkoLeo: Was ist hochradioaktiver Müll?

Dorothee Ahlers: In Atomkraftwerken entsteht radioaktiver Müll. Wir unterscheiden dabei schwach- und mittelradioaktive Abfälle, sowie hochradioaktive Abfälle. Zu den schwach- und mittelradioaktiven Abfällen gehören zum Beispiel die Schutzanzüge der Menschen, die in einem Atomkraftwerk arbeiten.

Zu den hochradioaktiven Abfällen gehören die Brennstäbe aus den Atomkraftwerken. Sie werden benötigt, um den Strom zu erzeugen. Die Brennstäbe kann man nicht ewig benutzen. Sie müssen von Zeit zu Zeit ausgetauscht werden. Die benutzten Brennstäbe sind hochradioaktiv und müssen sicher gelagert und später auch sicher entsorgt werden.

Atomkraftwerke

Warum werden sie abgebaut?

ÖkoLeo: Welche Probleme gibt es mit hochradioaktiven Abfällen?

Dorothee Ahlers: Immer, wenn in einem Atomkraftwerk Strom erzeugt wird, dann entsteht Radioaktivität. Man kann sie weder hören noch sehen. Mit einem geeigneten Messgerät kann man sie aber messen.

Es gibt viele unterschiedliche radioaktive Stoffe, die sogenannte ionisierende Strahlung abgeben. Die Art und Stärke dieser Strahlung entscheidet darüber, wie gefährlich diese für Lebewesen ist.

Die Strahlung, die von den hochradioaktiven Abfällen ausgeht ist sehr gefährlich, sie kann unsere Körperzellen beschädigen. Wenn sie sehr stark ist, kann sie krank machen oder sogar tödlich sein. Daher muss immer sichergestellt sein, dass die Menschen und die Umwelt genügend vor der Strahlung geschützt werden.

Ein großes Problem ist, dass hochradioaktiver Abfall sehr lange gefährlich ist, nämlich viele hunderttausend Jahre lang. In deutschen Atomkraftwerken ist über die letzten Jahrzehnte viel hochradioaktiver Abfall entstanden. Dafür suchen wir jetzt ein geeignetes Endlager unter der Erde.

Ein Zwischenlager in einem Atomkraftwerk
In speziellen Behältern wird der radioaktive Müll zwischengelagert. Das ist aber keine langfristige Lösung. (Bild: ©Christopher Mick/BGZ)


ÖkoLeo: Wo wird der hochradioaktive Müll aktuell gelagert?

Dorothee Ahlers: Momentan werden die hochradioaktiven Abfälle noch in sogenannten Zwischenlagern aufbewahrt. Das sind große Lagerhallen, in denen der Müll in besonders stabil gebauten Behältern verschlossen ist. Sie sind so gebaut, dass sie selbst bei sehr unwahrscheinlichen Ereignissen wie einem starken Erdbeben, einer Flutkatastrophe oder auch einem Flugzeugabsturz, die Abfälle sicher einschließen. Die hochradioaktiven Abfälle sind darin also sehr sicher geschützt. Die Hallen und die Anlage drumherum sorgt dafür, dass keine Menschen mit bösen Absichten eindringen können.

ÖkoLeo: Warum kann man den Müll dort nicht für immer lagern?

Dorothee Ahlers: Die Zwischenlager müssen stets von Menschen bewacht und geprüft werden. Es muss also immer jemand vor Ort sein, der sich um die Abfälle kümmert, auch für mehrere Hunderttausend Jahre. Denn so lange ist der Müll eine Gefahr für die Umwelt. Das Problem ist aber, dass es bis dahin vielleicht gar keine Menschen mehr gibt, bzw. niemand vorhersehen kann, wie sich unsere Gesellschaft bis dahin entwickelt hat. Deswegen brauchen wir ein Endlager unter der Erde für den hochradioaktiven Abfall. Das gibt es bisher noch nicht.

ÖkoLeo: Wie muss so ein Endlager aussehen?

Dorothee Ahlers: Das Endlager soll tief unter der Erde entstehen, wo der Müll eingeschlossen bleibt und für niemanden gefährlich ist.

Man kann sich das Endlager vorstellen wie eine Art Bergwerk tief unter der Erdoberfläche. Dort werden lange Tunnel gegraben und die Abfälle werden mit einer Art Aufzug oder über eine Rampe nach unten in die Erde befördert.

So ein Endlager kann man aber nicht irgendwo bauen, es gibt genaue Anforderungen an den Untergrund. Der Boden muss aus bestimmtem Gestein bestehen und das Lager muss tief genug liegen. Außerdem darf es dort keine Erdbeben oder Vulkane geben, damit das Endlager auch in Zukunft stabil bleibt. Hinzu kommt, dass dort kein Wasser fließen darf, über das die radioaktiven Stoffe an die Oberfläche gelangen könnten.

Wenn alle Anforderungen erfüllt sind, dann wird ausgerechnet, ob diese Eigenschaften des Untergrundes auch für die nächsten Hunderttausende von Jahren stabil bleiben. Denn so lange muss das Gestein die Abfälle sicher einschließen.

Grafik eines unterirdischen Endlagers
Für den Standort des Endlagers gibt es strenge Regeln. Der radioaktive Müll muss tief unter der Erde verschlossen sein. (Bild: ©Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung)


ÖkoLeo: Können Bürgerinnen und Bürger bei der Suche nach einem Endlager helfen?

Dorothee Ahlers: Das Besondere bei der Endlagersuche in Deutschland ist, dass sich jeder daran beteiligen kann. Das bedeutet, dass man sich informieren und mitdiskutieren kann. Jede Person hat das Recht darauf, zu erfahren, wie bei der Suche des Endlagers vorgegangen wird. So dürfen Bürgerinnen und Bürger jederzeit Fragen stellen, die von den Verantwortlichen beantwortet werden müssen. Wo das Lager genau gebaut wird, entscheidet am Ende der Bundestag.

Damit die Menschen über die Endlagersuche Bescheid wissen, organisiert das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgungen Info-Veranstaltungen in vielen Städten Deutschlands und besucht dabei auch Schulen. Außerdem kann man sich auf der Infoplattform zur Endlagersuche informieren. Die Infos findest du hier.

Besonders wichtig ist, dass junge Menschen über das Thema Endlagersuche informiert werden. Denn die Suche wird noch viele Jahre dauern. Die Menschen, die heute noch zur Schule gehen, werden erwachsen sein, wenn der Standort gefunden und das Endlager gebaut wird.

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