Interview: Verrücktes Wetter: Welche Rolle spielt der Klimawandel?
Hitzewellen und Starkregen werden in Europa immer häufiger. Was hat der Klimawandel damit zu tun? Wir haben mit dem Wetterexperten Denny Karran gesprochen.
Warum gibt es so viele Hitzewellen? Wie entsteht Starkregen? Und was hat der Klimawandel mit dem Wetter zu tun? Über diese Fragen haben wir mit Denny Karran gesprochen. Er ist Meteorologe und Wetterparkführer im Wetterpark Offenbach. Seit 2012 führt er Kinder und Erwachsene durch den Erlebnispark.
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Im Wetterpark Offenbach kannst du Wind, Temperatur und Niederschläge erforschen und mehr über Wetter und Klima erfahren.
ÖkoLeo: Im Sommer 2021 gab es sehr starke Regenfälle, und es kam zu schlimmen Überflutungen in NRW und Rheinland-Pfalz. Ist der Klimawandel Schuld daran?
Denny Karran: Gute Frage. Das lässt sich nicht mit eindeutiger Gewissheit sagen. Was man vermutet, ist, dass Starkregenfälle in Zukunft aufgrund des Klimawandels zunehmen. Und sie werden womöglich stärker. Eine leichte Tendenz in diese Richtung kann man in Deutschland schon feststellen. Aber ein einzelnes Wetterereignis wie diesen Starkregen kann man nicht zu hundert Prozent auf den Klimawandel zurückführen.
ÖkoLeo: Wie kommen solche extremen Niederschläge zustande? Und was hat der Klimawandel damit zu tun?
Denny Karran: Man muss sich das so vorstellen: Unsere Schlechtwettergebiete, man sagt auch Tiefdruckgebiete, ziehen mit der Luftströmung. Das gilt auch für Schönwettergebiete, also unsere Hochdruckgebiete. Alles ist ständig in Bewegung.
Durch den Klimawandel verringert sich die Geschwindigkeit, mit der sich Hoch- und Tiefdruckgebiete bewegen. Dadurch bleiben zum Beispiel Tiefdruckgebiete häufiger an einer Stelle.
Wenn nun ein Tiefdruckgebiet sehr lange an einer Stelle bleibt, gibt es an diesem Ort häufiger Regen. Je länger so ein Gebiet an einem Ort verharrt, desto extremer können die Wetterereignisse werden.
Das ist im Sommer 2021 in der Eifel passiert. Dort fielen teilweise enorme Regenmengen, nämlich 200 Liter pro Quadratmeter. Das sind umgerechnet 7.000 Badewannen voller Wasser auf einem Fußballfeld. Das kann man sich kaum vorstellen.
ÖkoLeo: Und wie ist es mit Hitzewellen?
Denny Karran: Hochdruckgebiete bringen uns ja eigentlich schönes Wetter. Bleiben sie aber tagelang an Ort und Stelle, kann das im Sommer zu extremer Hitze und zu Dürre führen. Dann steigt auch die Gefahr für Waldbrände. Davon gab es 2021 viele, zum Beispiel in Kanada und in weiten Teilen Europas.
ÖkoLeo: Wir haben darüber gesprochen, ob der Klimawandel schuld ist an Wetterereignissen wie Hitzewellen und Starkregen. Was genau ist denn der Unterschied zwischen Klima und Wetter?
Denny Karran: Wetter ist immer das, was aktuell an einem Ort stattfindet. Wetter kann man messen, spüren und beobachten. Wenn wir morgens vor die Tür gehen, dann spüren wir den Wind oder wir können die Temperatur messen. Wir können die Wolken beobachten und den Regen sehen.
Unter Klima versteht man das, was beim Wetter über viele Jahre passiert. Viele Wetterereignisse werden über einen längeren Zeitraum gemittelt. Heraus kommen also Durchschnittswerte. Mit solchen Werten kann man langfristige Veränderungen feststellen. Das Klima sagt aber wenig über einzelne Wetterereignisse aus.
ÖkoLeo: Wer Nachrichten schaut, hat den Eindruck, dass extreme Wetterereignisse immer häufiger auftreten. Stimmt das?
Denny Karran: Bei Hitzewellen trifft das zu. Auch beim Starkregen nimmt der Trend leicht zu. Bei starken Stürmen können wir keine Zunahme beobachten – also bei Tornados, tropischen Wirbelstürmen und Hurrikanen.
Trotzdem haben viele den Eindruck, dass Stürme zunehmen. Das könnte daran liegen, dass sie immer besser dokumentiert werden. So gibt es immer mehr Kameras und Messstationen. Dadurch entsteht der Eindruck, dass Phänomene wie Tornados zunehmen. Die Forschung kann das aber bisher nicht bestätigen.
ÖkoLeo: Oft ist in den Medien von der "Erderwärmung" die Rede. Wird es tatsächlich immer wärmer?
Denny Karran: Das stimmt, jedenfalls für die weltweite Durchschnittstemperatur. Die Lufttemperatur ist in den letzten 140 Jahren deutlich gestiegen. Grund dafür sind die Emissionen von Treibhausgasen durch den Menschen.
ÖkoLeo: Welche weiteren Wetterveränderungen könnten in Zukunft auf uns zukommen?
Denny Karran: Man geht stark davon aus, dass die Hitzewellen weiter zunehmen und womöglich auch stärker werden. So werden vermutlich häufiger Extremtemperaturen gemessen werden. In den letzten Jahren haben wir beispielsweise in Deutschland häufiger als früher die 40 Grad-Marke überstiegen.
Es wird auch vermutet, dass Starkregen zunimmt. Das betrifft aber nicht die gesamte Erde, sondern nur bestimmte Regionen.
Bei den Stürmen lässt sich die Entwicklung nicht so genau vorhersagen.
ÖkoLeo: Was ist mit dem Wetterbericht – lassen sich Extremwetterereignisse vorhersagen?
Denny Karran: Am besten lassen sich Hitzewellen oder größere Stürme vorhersagen. Denn diese betreffen einen größeren Raum. Vorhersagen sind hier oft schon mehrere Tage im Voraus möglich.
Je kleinräumiger das Wetterphänomen, desto schwieriger ist es, eine Wettervorhersage zu treffen. Das gilt zum Beispiel für Tornados oder Gewitter. Diese lassen sich wenn dann nur kurzfristig sicher vorhersagen.
ÖkoLeo: Was ist das extremste Wetterereignis, an das Sie sich erinnern?
Denny Karran: Das war an einem Tag im Juli 2002. Damals wohnte ich noch in der Nähe von Berlin. Da habe ich erlebt, wie eine heftige Gewitterfront über uns hinweg zog. Wenn man das als junger Mensch sieht, wie alles wegfliegt, Bäume umgelegt werden – das ist schon beeindruckend. Dieses Gewitter hat mich dazu bewegt, Meteorologe zu werden.
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