18. Juni 2015 Verkehr & Reisen

Mobil mit dem Rad

Das Fahrrad wird immer wieder neu erfunden. Längst ist es nicht mehr nur Sportgerät oder Alternative zum Schulbus: Für Fachleute gilt es als eines der wichtigsten Verkehrsmittel der Zukunft. ÖkoLeo zeigt, was Fahrräder alles möglich machen.

Stell Dir vor, Du schaust aus der Vogelperspektive auf Deinen Wohnort und seine Umgebung. Von oben erkennst Du gut, wie wichtig Straßen und Autos sind: Überall durchziehen Straßen Orte und schlängeln sich durchs Land. Mehr als die Hälfte aller Wege legen die Menschen in Deutschland im Auto zurück.

Schöner leben mit Fahrrädern?

Wenn Du schon mal einen Spaziergang durch eine Großstadt wie Frankfurt am Main gemacht hast, weißt Du sicher, dass die vielen Autos und Straßen auch Nachteile haben. Vor allem in Städten kommen sich Menschen und Autos oft in die Quere. An großen Straßen ist es laut und ungemütlich. Und parkende Fahrzeuge nehmen eine Menge Platz weg.

Stadt aus Vogelperspektive
Der Blick von oben zeigt, wie viel Platz Straßen und Autos brauchen. (Bild: Toksave/ commons.wikimedia.org/ CC BY-SA 3.0)

Dabei könnte man fast vergessen, dass auch andere Möglichkeiten der Fortbewegung wichtig sind. In einer Umfrage wurde zum Beispiel festgestellt, dass ein Viertel aller Wege in Deutschland zu Fuß zurückgelegt wird. Und es gibt Städte, in denen mehr Wege mit dem Fahrrad gefahren werden als mit dem Auto. In Münster zum Beispiel liegt der Anteil des Fahrrads bei fast 40 Prozent.

Viele Städte möchten, dass mehr mit dem Rad gefahren wird. Ein Grund dafür ist, dass Fahrradfahren umweltfreundlich ist. Wer mit Muskelkraft fährt, hilft beim Klimaschutz. Dagegen brauchen die Motoren der allermeisten Autos Treibstoffe wie Benzin und Diesel. Bei ihrer Verbrennung gelangt das Treibhausgas CO2 in die Luft.

Einige Städte finden auch, dass das Leben in der Stadt schöner werden kann, wenn mehr Fahrräder statt Autos genutzt werden. Denn dann wird Platz frei.

Was kann man mit Fahrrädern machen?

Besonders in Dörfern und Städten sind Fahrräder anderen Verkehrsmitteln oft überlegen: Man kann von überall losradeln und meistens direkt bis zu einem beliebigen Ziel fahren. Dabei spart man sich Staus und muss keinen Parkplatz suchen. Wer Rad fährt, ist daher bei Strecken bis fünf Kilometer meist schneller am Ziel.

Natürlich kann man nicht plötzlich alle Autos durch Fahrräder ersetzen. Wie alle Verkehrsmittel hat es Vor- und Nachteile.

Bei längeren Strecken sind Bahnen und Busse schneller und bequemer. Und wer Lasten an verschiedene Orte bringen muss, ist oft auf Autos oder sogar einen großen Transporter angewiesen.

Fahrräder können allerdings immer mehr! Fans, Tüftler und Verkehrsfachleute entwickeln laufend neue Ideen. Immer beliebter werden zum Beispiel Lastenräder. Sie werden wie ganz normale Räder per Pedale angetrieben. Aber weil sie eine Ladefläche oder eine angebaute Kiste haben, kann man damit eine ganze Menge transportieren. Zum Beispiel Getränkekisten, den Wocheneinkauf oder Werkzeuge. Auf manchen Rädern können auch Kinder mitfahren! In Holland oder Dänemark sieht man Lastenräder häufig.

TNT - Nachhaltiges Liefern
Ein Lastenrad mit Anhänger: Auch viele Lieferdienste könnten Fahrräder benutzen. (Bild: Jean-Louis Zimmermann/ flickr.com/ CC BY 2.0)

Aber auch Handwerker und Lieferdienste können Lastenräder nutzen. Eine Paketfirma in Deutschland hat sie schon getestet. Für die Firmen ist es ein großer Vorteil, wenn sie weniger im Stau stehen müssen. Für schwere Lasten können Transporträder auch mit einem elektrischen Motor ausgerüstet werden.

Ein elektrischer Hilfsmotor ist nicht nur für Lieferdienste interessant. Sogenannte E-Bikes oder Pedelecs liegen voll im Trend, meint der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC). Damit können zum Beispiel auch ältere Menschen das Fahrrad besser oder länger nutzen. Gerade in Hessen sind sie hilfreich. Denn sie erleichtern es, in Gegenden mit vielen Bergen zu fahren. Und mit einem Hilfsmotor kann man leichter längere Strecken fahren. So könnten manche Pendler umsteigen, denen der Weg zur Arbeit mit einem normalen Fahrrad bisher zu weit war.

Vorfahrt für Fahrräder!

Allerdings ist es nicht immer leicht, mit dem Rad ans Ziel zu kommen. Auch mit dem Fahrrad muss man sich an die Verkehrsregeln halten und kann nicht immer den kürzesten Weg nehmen. In vielen Parks oder in Fußgängerzonen muss man schieben. Und manchmal ist Radfahren sogar gefährlich, vor allem wegen des Autoverkehrs. Daher überlegen Verkehrsfachleute rund um die Welt, wie man Städte fahrradfreundlicher machen kann.

Ein berühmtes Beispiel ist die dänische Hauptstadt Kopenhagen. Hier gelten nicht die Autos als wichtigstes Verkehrsmittel. Es gibt ein riesiges Netz von Radwegen. Auf vielen Straßen haben Räder eine eigene, besonders breite Spur bekommen. Es gibt sogar die "grüne Welle" für Radfahrer: An einigen Strecken sind die Ampeln auf ihre Geschwindigkeit eingestellt. Wer Rad fährt, hat meist Grün – die schnelleren Autos müssen öfter anhalten.

In Kopenhagen gibt es sogar schon eine "Fahrradautobahn". Das ist ein Radweg, der so angelegt ist, dass man besonders zügig vorankommt und weite Strecken zurücklegen kann. Außerdem dürfen Fahrräder zu jeder Tageszeit in S-Bahnen kostenlos mitgenommen werden. So können die Vorteile von Fahrrädern und Bahnen kombiniert werden: Mit dem Rad kann man direkt von zu Hause aus zum Bahnhof fahren. Die Bahn befördert Radler und Rad schnell und bequem über eine weite Strecke. Dann geht es wieder per Rad direkt vom Bahnhof zum Ziel.

Hessische Städte wollen fahrradfreundlicher werden

Fahrradfahrer
In Kopenhagen werden Fahrräder bei der Verkehrsplanung bevorzugt. (Bild: Federation European Cyclists/ flickr.com/ CC BY 2.0)

Auch in Hessen bemühen sich Städte darum, das Radfahren zu erleichtern. In Frankfurt am Main gibt es das Radfahrbüro. Es kümmert sich zum Beispiel um neue Radwege und bessere Abstellmöglichkeiten. In vielen Einbahnstraßen wurde es erlaubt, mit dem Rad in beide Richtungen zu fahren. Außerdem setzt sich das Büro für mehr Sicherheit ein und ist Ansprechpartner für die Radlerinnen und Radler in der Stadt.

Auch in Frankfurt kann man Fahrräder kostenlos in Bussen und Bahnen mitnehmen. Allerdings geht das nur, wenn es nicht zu voll ist. Daher ist es schwierig, für den Weg zur Arbeit oder zur Schule Fahrrad und Bus zu kombinieren.

Die Stadt Kassel hat ein Leihsystem für Fahrräder eingeführt, es heißt "Konrad". An Stationen in der ganzen Stadt kann man sich spontan Räder ausleihen und an einer anderen Station wieder abgeben. Die Konrad-Leihräder erleichtern das Umsteigen: So kann man mit der Bahn oder dem Auto anreisen, aber in der Innenstadt trotzdem mit dem Rad unterwegs sein. Das ist praktisch – und verringert den Autoverkehr im Zentrum.

Alle an einem Tisch

Der Einsatz für eine radfreundliche Stadt ist nicht immer leicht. Denn zum Beispiel kann es zu Nachteilen für den Autoverkehr kommen, wenn neue Radwege eingerichtet werden. Außerdem sind oft neue Ideen gefragt: Wie sollen Radwege am besten gebaut werden? Wie soll der Verkehr an Kreuzungen geregelt werden? Dazu gibt es oft ganz verschiedene Meinungen. Darum gibt es zum Beispiel in Darmstadt einen "Runden Tisch" zum Radverkehr. Hier können sich alle abstimmen, die etwas mit Radfahren zu tun haben: unter anderem Vereine wie der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) und der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC), die Polizei, das Straßenverkehrsamt und Stadtverordnete. Das sind die gewählten Mitglieder des Parlaments der Stadt.

Auch für radfahrende Kinder setzen sich viele Initiativen ein. Der ADFC gibt auf seinen Internetseiten Familien Tipps für den Schulweg per Rad. Eine Kinder-Internetseite bietet die Hessische Unfallkasse an. Die Landesverkehrswacht bietet Kurse an Schulen an und wirbt mit Fahrradwochen dafür, das Rad öfter zu nutzen. Und im hessischen Radroutenplaner kannst Du Schulwege in vielen südhessischen Städten nachschlagen.